Was wollen Sie denn?

Oder wer würfelt Ihr Leben?
„Der soll mir einfach sagen, ob er mich noch haben oder rausschmeißen will.“ Stille. Ich schaue meinen Klienten an, einen gestandenen Mann von Anfang 40. Einer der Besten seiner Branche, international in den besten Unternehmen gewesen und dann für einen Spezialauftrag in eine Firma gerufen worden. In eine Firma mit toxischem Umfeld. Kennen Sie das? Augen, in denen Sie die pure Hilflosigkeit anschaut? In genau solche Augen schaute ich in diesem Moment. „Nun sagen Sie doch schon was!“, schoss es plötzlich aus ihm raus, latent aggressiv und der Blick plötzlich messerscharf. Mein Moment des Schweigens und des einfach nur hier und bei ihm Seins, war für meinen Klienten fast unerträglich. So hoch waren der Druck und der Wunsch nach einer Antwort.
„Was wollen SIE denn?“, fragte ich. Stille. Dann sank er sichtlich auf dem Stuhl in sich zusammen. Ja, wir können eben einfach nicht nicht kommunizieren. Das war definitiv nicht das, was er hören wollte.
„Was WOLLEN Sie denn?“ fügte ich an, die Betonung verschoben.
„Ich weiß es nicht mehr.“

Credit | Patrick Reymann

Das passiert, wenn Menschen in der Mühle der Ziellosigkeit und der Unentschiedenheit zermahlen werden. Und das kann uns allen passieren. Ja, sogar bis rauf zu Persönlichkeiten im Top-Management, Menschen mit bedeutsamer gesellschaftlicher wie unternehmerischer Verantwortung.

Das passiert, wenn die Selbststeuerung auf der Strecke geblieben ist und das Umfeld das eigene Leben diktiert. Wenn andere Menschen das Gefühl haben: Da wird irgendwo gewürfelt. Ich habe gar keinen Einfluss darauf, was mein Leben wirklich ausmacht. Ich bin eher das Modell Flipperkugel, bin Spielball und kann nicht wirklich selbst entscheiden, was sich in meinem Leben ereignet.

Meine Empfehlung: Lassen Sie das! Nehmen Sie Ihrem Umfeld die Würfel weg und entscheiden Sie Ihre Zukunft selbst.

Die Sache mit der Selbstführung, dass Menschen in Führungsverantwortung in der Lage sein sollten, sich selbst zu führen… Das können wir quasi nicht mehr hören und lesen ebenso wenig. Doch mal Hand auf’s Herz: Ist klar, wozu diese Selbstführung dient? Warum wir sie brauchen, das ist den meisten von uns klar, doch wozu sie dient – das merke ich immer wieder – ist im Kern unklar.

Wenn ich meine Schnürsenkel nicht einzeln zumache, sondern den linken mit dem rechten zusammenbinde, dann brauche ich mich nicht wundern, dass ich auf die Klappe fliege, wenn ich loslaufe. So ist das auch mit der Selbstführung: Es geht darum, sich selbst nicht im Weg zu stehen. Damit das nicht passiert, gilt es das eigene Denken, Fühlen und Tun entsprechend zu steuern

Stellen Sie sich vor, Sie sind mit vielen Menschen in einem Raum und da bricht ein Feuer aus. Wenn jetzt alle anfangen zu schreien und hektisch werden, bringt das rein gar nichts. Es braucht die eine Person, die auch jetzt die Ruhe behält, die blitzschnell die Lösung sieht und dann sagt: Da geht es lang! Und dieser Person folgen dann alle. Nur mit dieser Klarheit kann dem Umfeld geholfen werden.

Mein Klient hat zwei Tage später mit mir ein Zukunftsbild geschrieben, welches ich dank Carsten Fuchs im Einsatz habe. Wir haben uns mit seiner Geschichte auseinandergesetzt, seinen Überzeugungen und dadurch ebenso mit den Gedanken, die uns regelmäßig als Spielverderber ausbremsen. Mit seinen Werten, seinem Charakter und mit dem, wo er heute steht, was er alles schon geschafft und geschaffen hat.

Oft geht es nämlich gar nicht darum, das eigene Leben umzukrempeln oder auf den Kopf zu stellen. Sondern darum, mich selbst mal kurz zu besinnen, worauf ich stolz bin, wenn ich an mein Leben heute denke. Wofür ich dankbar bin, wenn ich auf das schaue, was da heute ist. Wie ich Dinge in der Vergangenheit gemeistert habe und was ich davon in das Morgen mitnehme. Dann wird mir auch klar, wovon ich in meinem Leben mehr haben möchte, was ich gar nicht mehr will oder gegebenenfalls auch einfach nur in geringerem Maße. Und Gedanke für Gedanke kommt dann sogar auch eine Antwort darauf, was ich gegebenenfalls völlig neu in mein Leben holen möchte.

Klarheit darüber, was ich mache und welche Werte ich verfolge, was für mich Sinn stiftet und mich in meinem Leben antreibt. Kurzum: Warum und wozu ich da bin. Das ist das größte Geschenk, das wir uns selbst machen können.

Der Termin für das Gespräch mit den Inhabern des Unternehmens meines Kunden aus der obigen Geschichte steht. Doch nicht nur das.

Souverän. Aufrecht. Ein von innen kommendes Lächeln. Klar und überzeugend. Kurzum: In seiner ganz persönlichen Wirksamkeit. Seine Antwort auf die Fragen: „Was WOLLEN SIE?“

Weitere Anregungen und Impulse für Führungspersönlichkeiten gibt es auch in meinem Buch „Fakten brauchen Hirn: 5 Sterne für Leader.“ Lesen Sie gerne rein.