Was habe ich falsch gemacht?

„Einen schönen guten Morgen!“ Zusammenzucken. Irritierte Blicke. Kleine Tropfen Angstschweiß bilden sich. „W-w-was habe ich gestern falsch gemacht?“ „Wie bitte? Ich weiß nicht, ich wollte Ihnen doch nur einen guten Morgen wünschen.“
Das ist kein Scherz, sondern ich habe es dreimal an diesem Tag so erlebt. Wie sollte ich mir also die Fehlerkultur in diesem Unternehmen vorstellen?

Credit | Patrick Reymann

Fangen wir mit dem Positiven an. Ich fragte die Führungsebene danach, was die Menschen in ihrem Unternehmen so richtig gut machen. Mit Glück bekam ich da einen nichtssagenden Satz: „Die Frau Müller ist höflich.“ „Der Herr Maier ist schon ewig da.“ So also werden die Mitarbeitenden gesehen. Nette, langjährige „Arbeitsmaschinen“, die einfach funktionieren sollen. Bei der Frage nach dem Negativen sprudelte es geradezu aus den Führungspersonen heraus. Da wurden ganze Seiten gefüllt, die zeigen wie viele Fehler doch alle ständig machen und wie unfähig sie sind. Doch was passiert, wenn Menschen das Gefühl haben, sie machen ständig Fehler? Nun, sie treffen keine Entscheidungen mehr, verlieren ihre Experimentierfreudigkeit und werden in ihrer Kreativität ausgebremst. Und von oben heißt es dann nur: „Unsere Leute bekommen nichts gebacken …“ Dabei erlebe ich gerade in Unternehmen, die mitten im Generationswechsel sind, dass es immer jemandem nicht passt, wie die Mitarbeitenden agieren.

Unklare Ziele – was wird denn erwartet?

Wenn an der Unternehmensspitze schon keine Einigkeit herrscht, wie sollen es die Mitarbeitenden dann richtig machen? Gibt es keine Klarheit über das Hauptziel, wissen die Menschen gar nicht, was sie machen sollen. Welchen Anweisungen der Führung sollen sie folgen, wenn diese weiter auseinander liegen als Australien und Spanien? Während beim Senior noch die Meinung vorherrscht, dass Denken nicht zum Leistungsspektrum unterer Ebenen gehört und Mitarbeitende Ehrfurcht vor der höchsten Autorität haben sollen, möchte die neue Führungsgeneration bewundert statt gefürchtet werden. Doch schon ein fauler Apfel im Obstkorb der Führung reicht aus, um die komplette „Ernte“ zu gefährden. Damit Mitarbeitende Höchstleistungen bringen können, benötigen sie ein Gefühl der Sicherheit, eine Garantie, dass die Führung dazu bereit ist, eine Umgebung zu schaffen, die einerseits maximalen Output und anderseits ein niedriges Stresslevel ermöglicht. Doch wie soll das gehen, wenn alle etwas anderes erwarten und die Menschen im Unternehmen es nie recht machen?

Kooperation statt Wettbewerb

Wir alle machen Fehler – das ist zutiefst menschlich und ich habe noch nie jemanden getroffen, der unfehlbar war. Wie Unternehmen allerdings mit Fehlern umgehen, ist teilweise schockierend. Da bekommen die Mitarbeitenden schon bevor sie eine Entscheidung fällen, Panik etwas falsch zu machen. Setzen wir an der Stelle mal den alten Hut auf, der das Wort Fehler durcheinanderwirbelt und einen Helfer daraus macht. Fehlschläge dürfen nicht bestraft, sondern sollten als Erfahrung und Entwicklungsmotor bewertet werden. Also fragen Sie sich einmal: Welche Fähigkeiten stecken in meinen Mitarbeitenden? Welche Grenzen sollte ich unbedingt berücksichtigen? Wie kann ich sie fördern, was bremst sie aus? Machen Sie bitte nicht den Fehler, Ihre Leistungsfähigkeit zum Maßstab für andere zu machen. Starken und Schwachen ist gleichermaßen gerecht zu werden. Das Ziel des Führens ist, die Mitarbeitenden auf ein gemeinsames Ziel einzustimmen, damit kein Jeder-gegen-Jeden, sondern ein Miteinander entsteht. Kooperation statt Wettbewerb, einander verstehen wollen, um miteinander erfolgreich zu sein.

Erfolg passiert gegen den Strom

Vielleicht erinnern Sie sich an das bekannte Zitat von Thomas Edison: „Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, wie es nicht funktioniert.“ Am Ende basiert Erfolg schon immer auf der Bereitschaft, gegen den Strom zu schwimmen. Auch Lachse können ein Lied davon singen. Kurz: Die wichtigste Bereitschaft ist die Bereitschaft zu handeln, Risiken auf sich zu nehmen und Neues zu versuchen. Versuchen beinhaltet natürlich immer die Möglichkeit des Versagens, doch mit der richtigen Strategie lässt sich auch dieses Risiko minimieren. Wie heißt es bekanntlich so schön? Intelligenz macht Fehler – Dummheit wiederholt sie. Machen Sie es Ihren Mitarbeitenden also leichter, indem Sie in der Führung ein gemeinsames Ziel definieren, die Kooperation für dieses fördern und Fehler nicht als den Untergang der Welt, sondern als wertvolle Helfer für die Zukunft sehen.

Mehr Impulse und Anregungen zum Thema erhalten Sie auch in meinem Buch „Fakten brauchen Hirn: 5 Sterne für Leader.“