Waaas? Sonntagmorgen? Ist das Dein Ernst?

Ja, wieso denn nicht an einem Sonntagmorgen? Es gibt Menschen, für die ist ein Sonntag ein ganz normaler Tag. Wie für andere ein Dienstag, ein Donnerstag oder irgendein anderer dieser Wochentage. Hotel- und Gastro-Mitarbeitende, Menschen im Reinigungsdienst, in der Pflege und in der Medizin, Feuerwehrleute, Menschen im Polizeidienst, die auf den Zügen, in Bussen und Bahnen sowie an den Flughäfen, in den Taxis, in der Kirche und im Beerdigungsinstitut und all jene, die mir hier gerade nicht einfallen. Ja, es gibt Branchen, da ist immer irgendjemand im Dienst und das für Sie! Und auch für mich. DANKE schön!

Sonntagmorgen, 9:00 Uhr. Meine Klientin Susanne, die sich für ein Coaching eingetragen hat, ist startklar. Sie hat Zeit, ohne Termindruck. Und wissen Sie was: Sie ist im Urlaub. In der Toskana. „Ja, ist die denn bekloppt?“ NEIN, ist sie nicht! Sie weiß, was ihr guttut und genau das nimmt sie sich. Und ja, ich biete es ihr an, zu dieser Zeit an diesem Tag für sie da zu sein. Es war unser erster Termin und wir vereinbarten gleich eine kleine Serie von Daten. „Passt es Ihnen, wenn wir uns abends nach der Tagesschau treffen?“ „Nach der Tagesschau?“, rutscht es mir raus? „Ja, ich schaue Tagesschau. Jeden Tag. Das mache ich seit Jahren und keiner stört mich in dieser Viertelstunde.“ Also die nächsten Treffen stehen fest: Nicht morgens um 7:30 Uhr, sondern abends um 20:15 Uhr. Ja, auch ein Termin an einem Samstagabend und einer an einem Feiertag sind dabei.

„Ich gönne Dir Urlaub!“

„Macht Dir das denn gar nichts aus? Wieso grenzt Du Dich da nicht ab?“ werden kritische Stimmen laut, doch wieso sollte ich? Wenn ich das nicht wollte, würde ich nein sagen. Punkt. Und jetzt verrate ich hier noch etwas: Meine Klientin Susanne an dem Sonntagmorgen war der zweite Termin im Kalender. Na, … stimmt auch nicht ganz. Der Dritte. Der Termin davor galt Florian. Ein Klient, der für eine anstehende Verhandlung am Montag noch einen Impuls für seine Vorbereitungen brauchte. Unsere Zeit war von 7:45 bis 8:30 Uhr.
Was es mit dem ersten Termin auf sich hatte? Das war eine Verabredung mit mir und der Natur. Herrlich. Alle schliefen noch. Nur Feldhasen, die ihre Haken schlugen, Rehwild, am Äsen auf dem frisch gemähten Feld. Eine Runde Luft holen und Energie tanken, für eine Dosis frisches Denken.

Ich kann auch das nicht mehr hören: „Machst Du eigentlich irgendwann Urlaub? Davon höre ich bei Dir nie etwas und glaube, dass Du beständig an vielen Projekten arbeitest. Wenn diese dann von Erfolg gekrönt sind, würde ich Dir das von ganzem Herzen gönnen.“ Ja, es ist richtig: Ich mache keinen Urlaub. Ich habe ein „gestörtes Verhältnis“ zu diesem Wort. Jeder hat seine Macken – das ist eine von den meinen. Jetzt wissen Sie’s.
Sind alle Projekte von Erfolg gekrönt? Nein. Wer das von sich behauptet, der und dem empfehle ich, ab und zu mal von der Märchenstunde abzulassen. Doch ich freue mich wie Bolle, dass die liebe Freundin mir diesen wünscht.
Ob ich an vielen Projekten arbeite? Ja, und das mit größter Wonne! Alles andere wäre mir zugegeben langweilig.
Doch zurück zu diesem Thema Urlaub. Ich gönne Ihnen allen Ihren Urlaub und bitte nehmen Sie sich diesen! Machen Sie bitte das, was Ihnen guttut. Ich mache das auch. Ehrenwort. Das ist wichtig. Zwischendurch einfach mal raus. Tapetenwechsel hieß das früher. Raufaserwechsel sagt heute keiner. Abschalten, Seele baumeln lassen. Darum geht’s. Im September darf ich wieder in Innsbruck agieren. Und dann nehme ich mir einfach noch ein, zwei Tage mehr Zeit. Oder wenn ich demnächst am Chiemsee für ein Sparring bin, mache ich das genauso. Ich darf an so wunderbaren Orten tätig sein – da finde ich immer Möglichkeiten für kleine Auszeiten. Wenn ich denn mag.

Mein Fundament im Leben: Arbeit

Und genau das ist der entscheidende Unterschied. Wenn ich denn mag. Und ja, ich mag das nicht immer. Doch ich kann und das ist es, was mich beflügelt. Das braucht bitte nicht für Sie zu passen. Doch für mich passt es und ich ahne, dass ich damit auf diesem Erdball nicht alleine bin.
Menschen wie ich, wir beziehen unseren Selbstwert aus unserer Arbeit – aus Arbeit und nur aus Arbeit. Das ist unser, das ist mein sicheres Fundament im Leben. Und bitte, gehen Sie mit Menschen wie mir etwas vorsichtiger um. Wir sind nicht blöd, wir sind auch nicht beziehungsunfähig. Wir sind nicht selbstmordgefährdet, wir stehen nicht immer kurz vorm Herzinfarkt und nein, wir sind auch keine bedauernswerten Geschöpfe. Wir machen das gerne. Uns macht das Spaß. Das ist Faszination. Das ist unser Leben. Und wir sollten allen Menschen das Leben wünschen, das sie sich selbst wünschen, oder?